Letzte Farben

Der Freitag startet früh für mich und meine Verhältnisse. Gemeinsam mit vier lieben Kollegen absolviere ich ein digitales Bildprotokoll und bin dankbar, dass ich am frühen Nachmittag schon wieder zu Hause sein kann.

Kaffee gekocht, Füße hoch und kurz die Augen schließen. Auch diese Woche wäre geschafft.

Nach einer halben Stunde bin ich wieder auf den Beinen und bringe meine Tochter zur Sbahn. Sie fährt heute das erste Mal alleine zu ihrer Freundin aufs Land und kommt morgen wieder.

Der Himmel graut. Die Luft frischt. Die Tage gehen so schnell vorüber.  Ich stapfe also zurück in meinen neonpinken Turnschuhen. Auf dem Weg nach Hause, komme ich am Feld vorbei und beschließe, meinen Spaziergang auszudehnen. Der Bauer hat frisch gepflügt, die dicken Erdbrocken reichen jetzt bis nah an die Grundstückgsrenze. Der Trampelpfad für die Fußgänger ist nun sehr schmal. Meine pinken Treter tragen mich über den klobig braunen Weg. In der Ferne die Allee. Die gibt es schon ewig. Mit Schrecken stelle ich fest, dass zwei Eschen abgesägt wurden. Komplett weg.Hoffentlich wird hier nicht gebaut. Ich komme mit einer Frau ins Gespräch. Ihr Hund hat so schönes schwarzes glänzendes Fell. „Die Bäume waren wohl nur krank und sind deshalb gefällt worden“, erklärt sie mir.

Ich gehe weiter und setze mich kurz auf die Bank, die irgendjemand repariert hat. Vor einigen Jahren saßen hier immer zwei Männer und tranken ihr Feierabendbier. Stadtrandidylle. Ich mag das. Es ist, als würde die Zeit schneller laufen je näher man der Stadt kommt. Und sobald man auf das Feld hinaus tritt, verlangsamt sich alles.

Jetzt sitze ich hier und schaue über das Feld. In der Ferne rauscht die Autobahn. Die Farben des Herbstes sind verblasst. Er ist verblüht. Mein Atem fliegt mit den Krähen um die Wette.  Ich gehe zurück und freue mich auf die warme Couch, ein Glas Wein, gutes Essen und endlich mal nichts tun.

Auf dem Rückweg pflücke ich die letzten Farben, die mein Herbst noch stehen gelassen hat. Eine Reminiszenz an das Jahr. Ein paar Haferstängel mit mattem Grün, ein paar graubraune Gräserstiele. Die pinken Schuhe tasten sich vorsichtig durch die Hundetretminen.

„Finden Sie denn noch etwas?“, fragt mich plötzlich eine ältere Frau mit Bommelmütze. „Oh ja!“, antworte ich. „Ich mag die Farben. Ich mag den Herbst.“

„Da gibt es so ein schönes Zitat aus einem Buch,“ erklärt sie mir plötzlich.

„Komm in den tot gesagten Park…Ich weiß nicht, aus welchem Buch das ist, aber schließlich trifft man sich im Park und die Natur hält doch noch so einiges für einen bereit.“ Die Frau lächelt mich mit fröhlichen Augen an.

„Das ist wirklich sehr schön.“ Ich lächele zurück und merke, dass meine Füße noch immer ganz warm sind. Wir wünschen uns ein schönes Wochenende und verabschieden uns.

Dann finde ich noch wunderschöne Hagebutten. Ungeheuerliche Farbenpracht. Ich breche zwei Zweige ab und schlendere heimwärts.

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Eure Heike aus dem [wa]schatelier

 

 

 

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