Es gibt unendlich viele Elemente, die man ansprechen kann, wenn es um die Selbstständigkeit geht. Noch dazu die Selbstständigkeit ab 40 Jahren und on top – wie die Kirsche auf dem Kuchen – die Selbstständigkeit als Quereinsteiger. Viel Spaß also mit dem neuen Artikel aus meiner Mut-Serie.
Viele von Euch haben mir geschrieben, wie sehr sie sich wiederfinden in meinem Blogpost und auch Informationen für das eigene Berufsleben daraus ziehen. Vielen Dank dafür, denn ich hadere schon auch jedes Mal ein bisschen mit mir, ob das überhaupt sinnvoll ist, was ich hier mit dieser Mut- Serie initiert habe. Es ist schön, zu wissen, dass ich nicht ins Leere schreibe.
Ursprünglich wollte ich chronologisch vorgehen und Euch daran teilhaben lassen, wie sich alles mit dem waschatelier so weiter entwickelt hat, welche Fragen das freiberufliche Arbeiten so mit sich brachte und welche Ups und Downs es bisher für mich zu feiern und zu überstehen galt.
Aber ich denke, ich widme mich nun kreuz und quer den Themen, von denen ich denke, dass sie Euch interessieren könnten, die mir selber passiert sind oder aber einfach Euren Fragen. Die Liste Eurer Themen habe ich schon angefangen, also, wer noch etwas hat, was ihm auf den Nägel brennt…immer her damit.
So widmet sich also der heutige Mut-Beitrag aus gegebenem Anlass den folgenden Themen:
- mit Kritik umgehen
- Selbstreflektion
- eigene Grenzen überschreiten
- sachlich bleiben
- Schweinehund überwinden
Im letzten Frühjahr arbeitete ich mit einer Firma zusammen, für die ich zum einen Graphic Recording anbot und zum anderen auch interne Prozesse abbildete, die später in Form eines Posters genutzt werden sollten. Das Graphic Recording lief gut, alle waren zufrieden. Die Arbeit mit den Bildern für die interne Kommunikation leider weniger. Ich machte dem Kunden, den ich menschlich sehr schätzte und mochte, diverse Vorschläge, und es kam ab einem bestimmtem Punkt kein Feedback mehr. Ich merkte, da stimmte was nicht und bot via Email an, eine Abschlussrechnung zu schreiben, falls der Kunde gerne mit einem anderen Visualisierer weiter arbeiten wollte. Die prompte Rückmeldung war, ich solle bitte eine Rechnung schreiben.
Mh, nun ja. Das muss man erst mal verdauen. Ich setzte mich nach Rechnungsstellung mit mir selbst auseinander, hinterfragte, was ich besser machen hätte können oder ob der Fehler vielleicht auch beim Kunden liegen könnte. Mir war klar, dass ich einen Sparringpartner für dieses Problem brauchte und traf mich erneut mit Viola – meiner Coachin. Wir zwiebelten das gesamte Thema auseinander und ich stellte mich meiner eigenen Kritik. Es gab sicherlich Dinge, die ich hätte besser oder anders machen können, erkannte aber auch, dass es nicht meine „Schuld“ war, dass das Projekt nicht mit mir abgeschlossen wurde. Dennoch – Ihr könnt es Euch denken – zog diese Begebenheit noch einige Wochen am Selbstbewusstsein.
Zwei Monate später wurde ich von der Vorgesetzten des Kunden gebucht, es ging wieder um interne Kommunikation auf Geschäftführungsebene – alles auf Englisch, ich war nervös, schloss aber das Projekt mit Erfolg ab und bekam ein super Feedback für meine Fähigkeiten als Facilitator.
Nun möchte man meinen, die Sache wäre für mich abgeschlossen gewesen. Mitnichten.
Vor zwei Wochen meldete sich wieder jener Kunde aus dem letzten Sommer und fragte mich für ein Graphic Recording an. Ich müsse dafür in eine andere Stadt reisen. Um ehrlich zu sein, hätte ich dafür keine Zeit gehabt. Mein Berg Arbeit ist derzeit so hoch und ich bin zu oft unterwegs. Aber – ich sagte dennoch zu. Ich wollte einfach wissen, warum er mit mir arbeiten wollte und fuhr mit dem Zug morgens zum Job.
Vor einem Graphic Recording bin ich immer etwas nervös. Das ist ja an sich nichts schlimmes. Ich bin dann fokussierter und die Anspannung kann man später gut nutzen, um kreativ zu sein und mit vollem Elan zu zeichnen. Die Veranstaltung war kurz, auf Englisch, wieder mit Partnern aus verschiedenen Ländern und im Bereich Geschäftsleitung angesiedelt. Das Thema sehr komplex.
Kurz bevor wir in den Job starteten, nahm mich mein Kunde zur Seite. Er müsse etwas mit mir besprechen. Ich dachte noch so: „Oh bitte nicht, bevor es jetzt los geht!“
Er stellte sich vor mich und sagte:
„Ich möchte mich in aller Form bei dir entschuldigen, dass ich dich letztes Jahr aus dem Projekt abgezogen habe und wollte dir das schon die ganze Zeit persönlich sagen und nicht via Email. Es war zu keinem Zeitpunkt dein Fehler oder deine Schuld, dass es nicht geklappt hat.“
Mir fiel die Kinnlade herunter.
Sinngemäß erklärte er mir dann noch, dass er das Projekt mit mir sehr gut hätte abschließen können, wenn sie selbst im Team klarer gewesen wären. Er würde gerne in Zukunft mit mir weiter arbeiten. Vielleicht sogar innerhalb eines großen Projektes (aber sowas steht ja doch immer irgendwie in den Sternen).
Ich muss Euch sicherlich nicht sagen, wie groß der Stein war, der mir vom Herzen fiel. Und diese Entschuldigung, die ich niemals erwartet hätte, war für mich wie warme Luft unter den Flügeln. Ich konnte beherzt und befreit recorden und ein sehr gutes Ergebnis abliefern.
An dieser Stelle sei außerdem erwähnt, dass ich meinen Hut ziehe vor meinem Kunden (vielleicht liest er ja mit). Ich finde, es zeugt von immenser Charakterstärke, diesen Fehler (wenn man überhaupt von Fehler reden kann) zuzugeben und sich in aller Form zu entschuldigen. Danke dafür.
Auf der Zugfahrt zurück fühlte ich mich wie in Watte gepackt. Vielleicht lag es daran, dass die Anspannung fort war – vielleicht aber auch am Bier, das ich trank (oder waren es zwei?).
Warum ich Euch das erzähle?
Als ich nach Hause fuhr, dachte ich die ganze Zeit: „Heike, alles richtig gemacht, alles richtig gemacht.“
Meine Learnings:
- Feedback annehmen, egal ob gutes oder schlechtes
- reflektieren, was man besser machen kann, aber sich ggf. auch selbst auf die Schulter klopfen
- schwierigen Situationen nicht aus dem Weg gehen, sich der Herausforderung stellen
- auf sein Bauchgefühl hören (da sitzt die Intuition)
- Arschbacken manchmal einfach auch mal zusammen kneifen, auch, wenn es zeitlich gerade gar nicht klappt
- an sich selbst glauben!!!
Mir sind diese Woche so viele positive Dinge passiert und ich habe mich so gefreut. Ich möchte das ein Stück an Euch weiter geben. Mir fällt nicht alles in den Schoß, ich muss um vieles auch ringen und einige Dinge verlangen mir wirklich Mut ab.
Meine Freundin sagt immer: „Man sollte Vertrauen haben, dass alles gut wird.“ Sie hat so Recht.
Eure Heike aus dem [wa]schatelier
Wer die Mut-Serie von vorne lesen möchte, startet am besten mit dem Beitrag #Mut Intro.
Liebe Heike, das erlebe ich ständig so! Und immer wieder zersprengt es mich und ich sammle mühsam mein Herz wieder zusammen. Schlimm mühsam, aber wohl nötig, denn ich lerne meine Lektion nur seeehhhrr langsam… aber ich lerne sie! Es liegt allzu oft gar nicht an einem selbst und so oder so macht es einen besser und besser! Ich wünsche uns allen in diesem Punkt die Gelassenheit zu schauen was ist (und was auch nicht) und wie man weiter machen möchte. Möchte. Nicht muss. Dir alles Liebe an diesem Punkt, du bist denke ich in guter Gesellschaft! Hannah
Liebe Heike,
DU wünschtest dir Kommentare zu deinem MUT Blog.. Ich bin kein großer BLOG Leser und komme auch erst jetzt dazu deinen „MUTIGEN“ Blog zu lesen…Deine Beiträge machen richtig Freude zu lesen. Was du beschreibst… kennt Jeder. Jeder hat mal Zweifel, schlechte Kritik oder Kommunikations-nennen wir es mal-störungen. das gehört dazu und erweitert den Horizont und die Komfortzone…
blöd nur, dass bei Kreativen Jobs immer ein Stück von einem selbst mit dabei ist. Deshalb sitzt auch „Kritik“ so tief und triffst erstmal hart….und oft löst es sich dann von selbst auf….deine Freundin hat Recht: Man sollte mehr Vertrauen (in sich) haben.
weiter so!