Meine Freundin A. erklärte mir im letzten Jahr, dass sie mit einem Mentor zusammen ihre persönlichen Werte erarbeitet habe. Eigene Werte zu definieren, erschien mir bislang immer gar nicht so einfach. Jedenfalls erklärte A. mir, dass einer ihrer Werte der Übermut sei.
„Aha, oho“, dachte ich bei mir, Übermut als Wert – sehr interessant. Was bedeutet das?
Übermut ist launenhafter als Mut, meine ich. Und wie ich so über diesem Blogpost grüble, kommt meine Tochter die Treppe herunter. Ich frage sie: „Was ist Übermut?“
„Wenn dein Mut größer ist als das darüber Nachdenken!“, antwortet sie flux und geht zur Playstation. Ich staune einmal mehr (über das Kind). Das trifft es!
Ich bin derzeit wohl auch etwas übermütig. So fühlt es sich jedenfalls ein wenig an, denn ich ziehe in ein 60 qm großes Atelierbüroheimatworkshopdingsbums mitten in der Stadt, richte mich neu ein, kaufe Möbel und entdecke, dass ich doch kein Einrichtungshonk bin.
Die Wochen sind anstrengend – das will ich nicht verhehlen. Ich schleppe Möbel, Kreiden, Leinwände und Papier (Papier ist echt schwer) aus dem ehemaligen Atelier in das neue. Freue mich, dass das ehemalige Atelier an die Freudenwerkstatt übergeht und in guten Händen ist. Fahre ins Möbelhaus und wieder zurück ins Homeoffice, das ja auch geleert werden muss. Trage, hieve, wuchte …abends falle ich totmüde ins Bett.
Am nächsten Tag dann die Blumenbilder aus der Ausstellung vom Gasteig holen und mich darauf freuen, bald das Auto nicht mehr nutzen zu müssen, sondern das Rad oder die Ubahn. Der Verkehr in München treibt einen ja an den Rande des Wahnsinns.
Zwischendurch ploppen außerdem Fragen auf wie:
Nehm ich alle Stifte mit? Mach ich Buchhaltung im Atelierbüro? Was bleibt im Homeoffice? Bleibt überhaupt was im Homeoffice?
Schwierig auch, das Daily Business am Laufen zu halten, während Dokumente und Equipment im Auto liegen und das Internet im neuen Atelier noch nicht funktioniert. Eilig einigen Kunden Emails vom Smartphone schicken und den Laptop in den Rucksack stopfen.
Im neuen Atelier sitze ich dann an der lärmenden Straße, in der neuen Kreativheimat, die Sonne scheint herein und ich kann es kaum glauben. Dann schießt es mir durch den Kopf „bist du total bekloppt?“ und „wow, das fühlt sich wunderfein an“. Ja, ich bin übermütig, mein Mut ist stärker als das Nachdenken darüber, was ich da tue. Ich kaufe Lampen ein, die ich im schnuckeligen Szenemagazin sehe und fahre in den dänischen Styloshop im Gärtnerplatzviertel, um Stühle einzukaufen, die mein Herz begehrt. Und weiter?
Weiter denke ich erst mal nicht, denn der Mut ist größer als das Nachdenken.
Ihr seid mit dabei, wenn ich einrichte, mir selber auf die Schulter klopfe oder mich schelte für mein Wagnis.
Mittags laufe ich eine Stunde an der Isar entlang, halte die Nase in die Sonne und lausche der Musik meiner Kopfhörer. Der Frühling streut Blütenkonfetti auf den Bürgersteig. Der Fluss rauscht, der Weg knirscht. Ja, das ist, was ich will. Arbeiten und Inspiration tanken. Und während ich von A nach B und von B nach C kurve, schreibt mir meine liebste Kundin:
„Wir wollen gerne weitere Aktionen mit Ihnen planen und würden Sie auch gerne in Ihrem neuen Atelier besuchen kommen! Sagen Sie doch bitte, wann es Ihnen passt.“
Zeit für Übermut, Leute. Zeit, für Übermut.
Eure Heike aus dem [wa]schatelier
Ich bekomme gleich ein kribbeln im Bauch, wenn ich deinen Text lese. Man spürt die Energie und die Spannung des Neuen. Ich finde es so schön, dass du deine Gedanken mit uns teilst.
Das schenkt mir gleich ein bisschen Mut. ❤️
Liebe Ronja, wie schön, dass du mitliest und es bei dit kribbelt. Lieben Gruß, Heike
Herzlichen Glückwunsch zum Übermut. Gerne verfolge ich deine neuen Fußspuren.
Schön, dass du mit kommst auf die Reise
Viel Erfolg mit der Übermütigkeit, da nehme ich mir ein Scheibchen von, wenn ich darf., Slo
Gerne. Danke fürs Mitlesen LG Heike
Liebe Heike, das wird schon… Du vertraust einfach Deinem Bauch. Und etwas Neues wagen fühlt sich am Anfang wackelig an… der Sinn erschließt sich erst im Nachhinein.
Für mich ist es jedenfalls wunderbar, das „alte“ Atelier zu übernehmen und auch irgendwie NEU dort anzufangen – obwohl ich es ja schon fast ein Jahr kenne, fühlt es sich jetzt ganz anders an. Als Künstler brauchen wir ein inspirierendes Wohlfühlumfeld. Unbedingt.
Grüße an die Isar.
Bettina
Liebe Bettina, Jetzt ist es eben ganz deins. Das macht einen Unterschied. Für uns beide also NEU 😉 Dir und Euch gute Tage am schönen Fensterbrett mit Kaffee in der Hand und dem Blick in den prächtigen Baum. Grüße nach Trudering. Heike