Mut #10

Als hätte die Süddeutsche Zeitung meinen letzten Blogbeitrag gelesen, titelt am Wochenende ein Artikel im Wirtschaftsteil „Trau dich“. Darin werden fünf beispielhafte Vitae für erfolgreichen beruflichen Quereinstieg in Deutschland genannt. Die Leute ohne Studium sind unterrepräsentiert, was ich etwas schade finde. Aber dennoch schildert der Artikel ein interessantes Detail. Nämlich, dass es vor allem in Deutschland wenig anerkannt ist, von einem Job in einen völlig anderen zu hüpfen. Überall in der Welt gibt es die sogenannten Jobhopper. In Deutschland steht aber immer die Frage „was hast du gelernt/studiert“ an oberster Stelle.

Neulich auf dem Job in Augsburg – wir saßen alle beim Abendessen zusammen – habe ich über meine Mut-Serie berichtet und darüber, dass im Small-Talk viel zu oft diese Frage nach der Ausbildung kommt (ich nehme mich da nicht aus). Eine junge Frau aus der Gruppe sagte dann: „Eigentlich müsste man fragen: Für was brennst Du?“

Genau. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Für was brenne ich? Für was brennst du?

Heute musste ich etwas darüber nachdenken, mit welcher Erfahrung ich Euch in #Mut10 „beglücken“ kann. Ich erzähle Euch von meinem allerersten Graphic Recording (GR). Das – meine Lieben – erforderte in der Tat Mut, ich war unendlich aufgeregt. Um mich der stressigen Drucksituation eines Graphic Recordings zu stellen, fragte ich meine Freundin und ehemalige Kollegin Annegreat Jennewein, ob ich bei den Munich Media Speakern mitzeichnen dürfe, die sich regelmäßig am Strascheg Center for Entrepreneurship trafen. Die Munich Media Speaker sind eine Gruppe der berühmten Taostmaster, die sich regelmäßig treffen, um das Sprechen vor Menschen zu üben und zu verbessern. Noch dazu ist Annegreat ein unglaublich wunderbarer Mensch, selber sehr mutig und unwahrscheinlich klug und gewitzt. Schaut doch mal auf ihrer Webseite vorbei >>

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Ich besorgte mir also großes Pinnwandpapier (das war so mieses Papier, das könnt Ihr Euch nicht vorstellen), kaufte mir die ersten Neulandstifte und lieh mir vor Ort eine Metaplanwand aus, an die ich das Papier hängen konnte. Ich war unfassbar aufgeregt, aber die Gäste waren alle unglaublich freundlich und offen. Schnell merkte ich, dass die erste Hürde nicht etwa das Zeichnen war, sondern eben diese Aufregung in den Griff zu bekommen. Damls wusste ich auch noch nichts vom schwarzen wasserfesten Outliner der Firma Neuland und zeichnete mit grottig schlechten Fake-Eddings.

Die zweite Herausforderung – war und bleibt, die Inhalte auf dem Papier sinnvoll zu strukturieren. Bis heute versuche ich, mich optimal auf ein GR vorzubereiten. Und damit meine ich nicht nur die inhaltlichen Parameter, sondern auch die zeichnerischen Fähigkeiten und die Überlegung, welche strukturgebenden Elemente so ein Poster gut aufteilen (das wiederum wäre einen neuen Blogpost Wert). Ich erkannte auch sofort, wie schwierig es tatsächlich ist, den Kern einer Sache zu verbildlichen. Letzten Endes hat an jenem Abend alles gut geklappt. Meine Gastgeber waren mit dem Ergebnis zufrieden und ich wusste, an welchen Stellschrauben ich drehen musste, um mich zu verbessern.

Was ich damit sagen will:

Wenn Ihr etwas unbedingt wollt und nicht wisst, wo Ihr anfangen sollt, macht Euch eines klar: Irgendwo muss man anfangen! Ich wusste, ich muss das GR unter realem Druck üben und brauchte eine Situation, die zeitlich und inhaltlich noch nicht allzu schwierig war. Ich meine, welches Setting wäre besser geeignet gewesen, als ein Forum, in dem Menschen das klare Sprechen üben?

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In Zukunft nur noch gutes Papier (hier von Neuland)

Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir schreibt, ob Ihr gerade im beruflichen Umbruch seid, welche Hemmnisse es auf Eurem Weg gibt oder vielleicht auch, welche Fragen Ihr zum Thema habt. Oder schreibt mir einfach, für was Ihr brennt. Das ist nämlich schon ein erster Schritt. Also, traut Euch!

Eure Heike aus der Sonne

4 comments
  1. Ich möchte da gar nicht von unterqualifiziert sprechen. Mein Studium war auch nie sonderlich anerkannt. Eine (ehemalige) Freundin meinte zu mir mal: Germanistik studiert man ja auch nur, um Taxifahrer zu werden. Na denn…ich bin hespannt, wohin die Reise Dich führt. LG Heike

  2. in deutschland ohne studium kommt beruflich (inzwischen) ohne wasser in der wüste leben wollen gleich.

    die frage nach wofür brennst du…, sie wäre die richtige…
    ich gehe aber nicht davon aus, dass zeiten kommen könnten, wo personaler solche eine frage im bewerbungsgespräch stellen würden, geschweige denn davon, dass diese frage ausschlaggebend werden könnte…

    das rad dreht kontinuierlich entgegen gesetzt.

    jobs die vor noch gar nicht soooo langer zeit durchaus an kandidaten ohne studium vergeben wurden – heute undenkbar.
    …und wer die jobs ohne studium machte, hat im „alten aufgabenbereich“ heute keine chance mehr, weil…

    was das angeht, ist deutschland ein wirklich fürchterliches land geworden.

    aber mit waschatelier hast du deinen weg gefunden und ich wünsche weiterhin viel glück und erfolg damit!

    1. Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich glaube schon, dass sich in Deutschland etwas ändern wird. Zumal ja so viele Fachkräfte fehlen. Und für was brennst du? 😉

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