Sauerstoff

Ich bin zur Zeit auf einem ganz neuen Trip. Warum? Weil ich in diesem Jahr schon viel zu oft krank war, weil mein Privatleben mich extrem gefordert hat und nicht zuletzt, weil ich wochenlang durchgearbeitet habe.

So viel zu den Fakten.

Wenn ich beruflich und privat so nach rechts und links schaue, dann ertappe ich mich doch immer wieder bei der Frage (vor allem beim Schielen auf Freundinnen und Kolleginnen): Wie schafft sie das nur? Haushalt, Kinder, gesellschaftliche Verpflichtungen, eigener Beruf, Veranstaltungen, Ehrenamt, Garten … die Liste ist unendlich lang.

Ab und an erhalte ich nun aber dieselben Fragen gestellt.

„Heike, wie machst du das nur alles?“ oder „Wahnsinn, was du alles wuppst!“ oder „Du machst ja unglaublich viel!“ (Betonung auf uuuunglaublich).

Meistens antworte ich dann mit abwinkender Hand „Ach, das sieht doch nach außen immer mehr aus, als es tatsächlich ist.“

Später dann, zuhause im stillen Kämmerlein, denke ich natürlich darüber nach, ob es wirklich viel ist, was ich so mache. Und komme schließlich zu dem Schluss, dass es doch echt viel ist.

Neulich habe ich mit Andrea von Gedankenkessel ganz lange telefoniert. Es war ein wunderbares Telefonat, über das Leben, über die Leidenschaften und wichtige Entscheidungen im Leben. Andrea gab mir den Anstoß zu diesem Blogpost.

Die Frage, mit der ich mich persönlich seit Jahren herumschlage, ist die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ohne eine Seite zu vernachlässigen. Zu welcher Antwort ich gekommen bin? Nun ja, liebe Leserin, lieber Leser, eine Seite wird dabei immer ein bisschen vernachlässigt. Entweder die Kinder oder der Haushalt, der arme Mann oder das berufliche Projekt. Doch das kann ich mittlerweile gut hinnehmen. Zwischen diesem ganzen Hin und Her im Alltag und dem Dauerlauf im Hamsterrad, merke ich aber immer mehr, wie wichtig es ist, sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren.

Um alles stemmen zu können, um für meine Kinder ein Ohr zu haben, meinem Mann den Rücken freihalten und kreative Leistung für meinen Job abrufen zu können, muss es MIR gut gehen. Klingt egoistisch – ist es auch ein bisschen.

Mein neuer Trip heißt also: Ich muss erst mal schauen, dass es mir gut geht, denn dann kann ich mich voller Elan, gesund und munter, im besten Fall auch mit guter Laune und guten Ideen allen Menschen und Dingen widmen, die so um mich herum meiner Hilfe bedürfen. Will sagen: Sollen die daheim doch abends mal ein Butterbrot essen, ich gönn mit jetzt im Deli dieses schicke Schnick-Schnack-Food und ein Glas Vino dazu.

Und dabei denke ich an die mantrisch dahin gemurmelten Worte der Stewardessen im Flugzeug:

„Bei Druckverlust in der Flugkabine, fallen aus der Kabinendecke Sauerstoffmasken heraus. Bitte ziehen Sie eine dieser Masken zu sich heran, streifen Sie sie über Mund und Nase und atmen Sie normal weiter. Erst im Anschluss helfen Sie ihrem Sitznachbarn.“

Also, hilf dir selbst, damit du anderen helfen kannst.

Und mein neuer Trip?

Mehr Sport, besser essen, regelmäßig essen, Familytime, Heike-Time, bissl Einsamkeit (ist gut für die Kreativität) und weniger Haushaltskram (ist schon abgegeben!).

Und was denkt Ihr? Egoistisch oder guter Plan?

Eure Heike aus dem [wa]schatelier

19 comments
  1. Guter Plan! Die Begründung hast Du Dir ja selbst schon gegeben:-).

    1. Jawoll. Danke fürs Mitlesen und Kommentieren.

  2. Guter Plan! Die Begründung hast Du Dir ja selbst schon gegeben:-)

  3. Ich finde das ist ein super Plan!
    Ich habe keine Kinder, “nur ” einen Freund und eine stressige Arbeit und trotzdem geht man selbst so oft an seine Grenzen. Man sollte Viel öfter einfach mal “Stop” sagen. Jetzt bin ich dran.

    1. Ja, Ronja…da hast du Recht. Vielen Dank für Deinen Kommentar.

  4. Liebe Heike,
    da sitze ich gerade am PC, um Mails zu löschen, weil die Speicherung angeblich eine so schlechte Ökobilanz hat …
    und werde schon wieder zur Umweltsünderin, um dir zu antworten.
    Ja, es wird Zeit, diesen Aspekt des Berufslebens, selbständig oder nicht, ja des Lebens überhaupt, anzusprechen, denn selbst Rentner sind von dieser Unruhe betroffen. Es ist die Vielfalt der Möglichkeiten, was wir gerne tun würden, und zu wissen, wann ist es genug. In der Regel weist der Körper uns den Weg, sofern unsere Ohren intakt sind, und wir auf ihn hören … natürlich sind es nicht die Ohren. Wir sollten von der Schlauheit des Körpers profitieren, damit wir wissen, was uns gut tut. Gut genug, um alles meistern zu können oder zumindest das uns Wichtigste. Wie in deinem Stewardessen-Bild. Ich mag es, wie du mit Worten zeichnest.
    Sketchnoting mit Worten. Es bleiben bestimmte prägnante Bilder. Aber ich wollte sagen: du machst es richtig, im richtigen Sinne egoistisch. Deiner Selbst bewusst. Die Vieles mag: den Mann, die Kinder, den Beruf, aber auch die kreative Pause.
    Hoch die Tassen, hoch die Beine und weiterhin viel Freude an dem, was du tust. Ich z.B. profitiere davon. Mir gefallen auch deine Pausen.

    1. Oh wie schön du das geschrieben hast! Dir gefallen meine Pausen? Das klingt gut…also, hoch die Tassen – hoch die Beine. Danke für deinen ausführlichen Kommentar.

  5. Also ich finde das Motto super: „Hoch die Tassen, hoch die Beine“. Ich musste mich in den letzten Monaten auch dazu zwingen, mehr auf mich zu achten und das Hier und Jetzt zu genießen und als Tankstelle für neue Kraft zu nutzen. Es gibt so viele Dinge die man im Stress des Alltags aus den Augen verliert und plötzlich passiert etwas und man wird förmlich dazu gezwungen, die Dinge wieder wahrzunehmen, die man die letzten Jahre aus den Augen verloren hat.
    Lernt wieder den Augenblick zu genießen und denkt mehr an Euch, auch wenn die Familie und der Beruf Euch denken läßt, dass dies nicht möglich sei.

    Hoch die Tasse, hoch die Beine. Lebe nicht, um zu arbeiten, sonder arbeite, um zu leben.

    1. Wie schön, dass du das genauso siehst. Danke für deinen Kommentar

  6. Liebe Heike,

    du hast so gut daran getan, auf deinen Körper zu hören und ihm bzw. dir ein Päuschen zu gönnen.
    Wenn du meine Erfahrung dazu hören willst: Natürlich ist es eine Herausforderung, all diese Dinge unter einen Hut bekommen zu wollen (oder meinen, zu müssen). Das Schwerste dabei: Zu lernen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und zwar auch erkennen zu können, was für einen selbst wichtig ist und wo die tatsächlichen Energiefresser sitzen: die Dinge und Zusammenhänge, die einem heimlich, still und leise den Druck machen. Vordergründig kommen gerade sie nämlich oft mit so einer sonnigen Leichtigkeit daher, dass man viel zu spät erkennt, was sie noch alles hinter sich her ziehen…

    Für mich habe ich einen Teil dieser Dinge ausmachen können – und es waren gar nicht unbedingt die „großen“ Dinge, die so schlauchen, die lassen sich nämlich noch am leichtesten verteilen (musste ich allerdings auch erst lernen).

    Viel Erfolg bei deiner Neu-Justierung und liebe Grüße

    Sonja

    1. Liebe Sonja, ja, da hast du sicher Recht. Sortieren und Dinge lassen ist immer gut. Ich glaube, am schwersten finde ich, meinen Kindern die richtigen Werte zu vermitteln, während ich den Kopf und die Hände voller Arbeit habe. Und ich liebe meine Arbeit sehr. Meine Kinder aber noch viel mehr. Danke für deinen ausführlichen Kommentar. LG

  7. Liebe Heike, schön, dass du das Thema aufgenommen hast. Es tut einfach gut, andere Ansichten zu hören und für sich selbst mit auf die Reise zu nehmen.

    Andrea vom Gedankenkessel.com

    1. Geht mir genauso, danke für den Impuls. Freu mich schon auf unser nächstes Telefonat. LG

  8. Das ist ein super Plan. Oft wird alles so selbstverständlich hingenommen, das kann auf Dauer einfach nicht gut sein. Mach es, liebe Heike und sei für viele andere hier draußen ein Vorbild. Man muss auch mal achtsam mit sich selbst sein.

    1. Vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ich tu mein Bestes!

  9. Alles gut – nur eine Reizwort-Passage ist dabei: „meinem Mann den Rücken freihalten“. Ich wollte nie ein Mann sein, dem die Frau den Rücken freihalten muss. Als meine Kinder klein waren, habe ich ein absolutes Traumjob-Angebot nicht angenommen, weil bei diesem Job unvermeidlich das mir den Rücken freihalten müssen die Folge gewesen wäre. Darauf bin ich bis heute stolz – und bin ein paar Jahre später dennoch Chefredakteur geworden.

    1. Lieber Matthias, danke für deinen Kommentar. Ohne in die Tiefe gehen zu wollen – es gibt Momente im Leben, da muss man dem Partner den Rücken frei halten. Ich ihm – er mir. Gerade ist er dran. Aber generell hast du Recht. Es muss ein Geben und Nehmen im gleichen Maße sein. Mehr dazu wohl eher bei einer Whiskymeditation. LG Heike

  10. Liebe Heike, deine Worte sind so wahr ☺️
    Und ja ‚ ich finde es auch sehr wichtig uns nicht zu vernachlässigen ❤️ Ich bin so dankbar für diesen Post von dir , meiner Powerfrau ! Er mach Mut und beruhigt auch ! So fühle ich mich nicht allein mit diesem Thema . Ich denke das es vielen Menschen so geht.

    1. Liebe Heinke, vielen Dank für deine Worte. Schön, dass sie Mut machen. Wie so oft ist es einfach so, dass viele dasselbe Thema beschäftigt, nicht wahr? Bis bald… lg Heike

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