Barcelona eins

Ich bin ja eher der Zugfahrer. Zum Bahnhof und dann ganz gemütlich Gleis suchen, Abteil, Sitzplatz, Koffer verstauen – fertig. Und dann stundenlang der Landschaft zusehen wie sie sich vor dem Fenster entblößt und neu einkleidet, vorbeirauscht und mir zuwinkt.
Aber heute ist alles anders. Heute steht Fliegen auf dem Programm. Der Kunde bittet nach Barcelona. *Doppelkreisch* – ja, genau. So lasse ich mich also von M. und B. am Abend noch briefen, wie ich am besten meine Handtasche vor Dieben in Barcelona schütze. Nach dem Gespräch habe ich das Gefühl, ich brauche eigentlich keine Handtasche in Barcelona.
Online Check-in erledige ich mit meinem lieben Kollegen H. am Telefon gemeinsam. Alles läuft planmäßig.
Am nächsten Tag rolle ich den Koffer zur Bahn, die Bahn bringt mich zum Flieger. Der Mann an der Sicherheitsschleuse beäugt meine Schuhe. Ich strecke ihm einen Fuß entgegen, blinzel ihn an und sage. „Schön, gell? Die sind neu.“
„Die werden Sie ausziehen müssen.“, gibt er trocken zurück. Ich blicke ihn verdutzt an. „Bitte was?“
Man muss dazu sagen, dass ich vor vier Jahren das letzte Mal geflogen bin. Die Sicherheitsmaßnahmen sind streng. Aber die neuen Schuhe sind ganz brav und piepsen nicht, als ich unter dem Metalldetektordings durchlaufe. Bei der Dame vor mir werden Gewebeabstriche von ihrem Kunstfellmantel genommen. Ich frage neugierig nach wieso.
„Wir machen einen Sprengstofftest.“, erläutert die Flughafendame. Echt kein Witz. Ich fädele schnell meinen Gürtel in die Hose und mach mich vom Acker. Ich laufe an dem Schild „Lufthansalounge“ vorbei und habe ganz deutlich im Ohr, dass meine Schwester mir gesagt hat, dass ich dort kostenlos Kakao schlürfen und Zeitung lesen soll. Achtung, jetzt kommt ein echter Heike:
Ich frage die Lufthansa-Dame wie ich in die Lounge komme. Sie fragt mich, in welche.
Ich sage „na, in die, in der ich Kakao trinken und Zeitung lesen kann.“
„Fliegen Sie Business?“
Ich verneine.
„Sind Sie Senator oder mit einem VIP-Ausweis ausgestattet?“
Ich lächele. Ja klaaar. Ich ziehe die Augenbrauen hoch und sage „nicht ganz“.
„Also“, antwortet die Dame geduldig, „in die Lounge dürfen Sie leider nicht, aber da hinten gibt es Kakao und Zeitungen.“
Geht doch, denke ich bei mir und suche schnell das Weite.
Im Wartebereich treffe ich meinen Kollegen H. und wir verquatschen die Zeit bis zum Boarding. Ich freu mich auf die Arbeit.

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Als wir gestartet sind blickt mich die Wolkenlandschaft von draußen an. Wolken über Wolken, darüber ein Lichtstreifen und wieder Wolken. Und so sehr ich das Starten und Landen hasse, so sicher bin ich auch, dass mir die Bahnlandschaft dieses Schauspiel nicht schöner inszenieren hätte können.

Eure Heike aus über den Wolken

Veröffentlicht mit Fotos von www.waschatelier.de©

5 comments
  1. Habe es 2xgelesen. Machst der Heidenreich Konkurrenz.
    Sehr kurzweilig geschrieben. Schönen Aufenthalt.

  2. Schön beschrieben – aber Deine Unwissenheit macht mir wirklich Angst….

    1. Versteh ich zwar nicht, aber Angst brauchst du keine haben 🙂

  3. […] Eure Heike aus dem [wa]schatelier […]

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